Märchenhaftes Krimi-Theater begeistert Herzogenauracher Publikum (eingestellt am 30.06.2025)

Wenn die „bösen“ Märchenfiguren ihre Version erzählen und am Ende selbst Opfer eines Giftmörders werden, bleibt im Zuschauerraum kein Platz für Klischees – dafür aber für Spannung und viele Lacher. Mit seiner Inszenierung von „Es war einmal ein Mord“ hat das Unterstufentheater des Gymnasiums Herzogenaurach an drei aufeinanderfolgenden Abenden trotz hoher Temperaturen über 200 Gäste in der Aula in seinen Bann gezogen.

Schon zur Premiere am Freitag herrschte beste Krimi-Atmosphäre: Wohligen Schauer erzeugte die Spinnweben behangene Kulisse, als die Wachen Filiz Bilgen (12) und Giang Tran Hoang Ngang (12) eine illustre Schar im Kerker präsentierten – Schneewittchens Stiefmutter, den Wolf, Rumpelstilzchen & Co. „Wir wollten zeigen, dass jede Figur mehr ist als nur ‘gut’ oder nur ‘böse’“, erklärte Meggie Saalfrank (12), die als Schneewittchens Stiefmutter Leonore ihr Bühnendebüt gab. „Das hat uns selbst zum Nachdenken gebracht – und das Publikum offensichtlich auch.“

Dass die Rechnung aufging, bewies lautstarker Szenenapplaus und ein minutenlanger Schlussbeifall. „Nach anfänglicher Nervosität hat es unglaublich viel Spaß gemacht, einen Betrunkenen zu spielen und dann noch das Publikum zum Lachen zu bringen“, schmunzelte Franka Schubert. (13), die als Rumpelstilzchen am Ende den entscheidenden Hinweis lieferte. „Jetzt weiß ich: Lampenfieber kann man in Energie verwandeln.“

Die Regie setzte effektvoll auf Rückblenden: Kaum beschuldigte Rumpelstilzchen den Wolf, verdunkelte sich die Bühne, kaltes Blaulicht flutete die Szene, und eine passende Soundkulisse leitete die Erinnerung ein… „Wir wollten, dass jede Figur plötzlich verdächtig wirkt“, erklärte Oliwia Kulczynska (13) die als Aschenputtels Stiefmutter Griselda durch ihre Pedanterie alle in den Wahnsinn treib.

„Gerade dieser Mix aus Spannung und Spaß hat’s ausgemacht“, urteilt Meggie Saalfrank (12), die als Stiefmutter Leonore die Fäden zu ziehen schien. „Wir haben das Publikum dauernd in eine Richtung gelockt – und dann das Licht gedimmt und alles wieder verworfen.“

Projektleiterin Daniela Zell zeigte sich nach dem Finale am Sonntag sichtlich stolz: „Die Kinder und Jugendlichen haben ein komplettes Schuljahr lang jede Entscheidung selbst getroffen – vom Stück bis zum Bühnenbild. Dass sie damit drei ausverkaufte Abende schaffen, bestätigt, wie viel Potenzial in selbstbestimmten Projekten steckt.“ Besonders beeindruckt habe sie die Teamdynamik: „Wenn einer mal Textkrise hatte, sprang sofort jemand ein. Das ist gelebte Gemeinschaft auf der Bühne.“

Auch Schulleiter Ralph Frisch lobte das Ensemble: „Diese Produktion vereint Kreativität, Selbstbewusstsein und kritisches Denken – Kompetenzen, die weit über den Unterricht hinaus wirken.“

Der Erfolg ließ sich nicht nur hören, sondern auch sehen: Bereits vor Beginn der Aufführungsreihe meldete die Theaterkasse „gut besetzt“. Spontane Besucher/-innen fanden aber noch Restkarten an der Abendkasse.

Zum Schluss gab es Rosen für die Darstellenden, helle Begeisterung im Saal – und eine Erkenntnis, die Bühnen-Wolf Friederike Kurch (12) so zusammenfasste: „Man kann sogar im Pelz und mit Hecheln etwas über Toleranz und Offenheit erzählen.“ Dem Publikum wird dieser märchenhafte Krimi-Abend sicher lange in Erinnerung bleiben.

Text/Bild: Dr. Johannes Knoblach c/o Gymnasium Herzogenaurach