„Scherbenfluss-Hoffnungsweg“: Gymnasium Herzogenaurach erinnert an die Pogromnacht
„Scherbenfluss-Hoffnungsweg“: Gymnasium Herzogenaurach erinnert eindrucksvoll an die Pogromnacht und setzt ein Zeichen für Menschlichkeit
Mit der Erinnerungsaktion „Scherbenfluss-Hoffnungsweg“ hat das Gymnasium Herzogenaurach am Freitag ein starkes Zeichen gegen Hass und für Zivilcourage gesetzt. In einer eindrucksvollen Mischung aus historischen Texten, Musik und künstlerischer Symbolik erinnerten die Schülerinnen und Schüler an die Pogromnacht vom 9. und 10. November 1938 – und schlugen zugleich eine Brücke in die Gegenwart.
Rund 600 Schülerinnen und Schüler der Mittel- und Oberstufe versammelten sich, aufgeteilt auf zwei Durchgänge, im Pausenhof Nord, wo ein großes schwarzes Objekt – Sinnbild für Gewalt und Unmenschlichkeit – allmählich mit hunderten selbstgestalteten Symbolen für Frieden, Liebe und Menschlichkeit bedeckt wurde. Begleitet wurde die Aktion von berührenden Musikstücken und einer von Schülern vorgetragenen Rede, die eindrücklich die Ereignisse der Pogromnacht, ihre Ursachen und ihre lokale Dimension in Herzogenaurach beleuchtete.
„Uns war wichtig, dass Erinnerung nicht abstrakt bleibt“, erklärte David Pohl (Fachschaft Kunst), Leiter des Wahlkurses „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und Initiator der Aktion. „Wenn Schülerinnen und Schüler begreifen, dass Unmenschlichkeit damals wie heute aus dem Wegsehen entsteht, dann wird Geschichte lebendig – und daraus erwächst Haltung.“
Die Rede, verfasst in Zusammenarbeit mit Simon Hamper (Fachschaft Geschichte), stellte dabei den Bezug zur Region her: von den brennenden Synagogen in Franken bis zum Pogrom gegen das Warenlager der aus Fürth stammenden jüdischen Familie Mandel in Herzogenaurach. „Gerade weil unsere Stadt 1938 selbst, wenn auch in geringerem Maße, aktiver Teil dieser Geschichte war, haben wir eine Verantwortung, die Erinnerung wachzuhalten und aus den damaligen Mechanismen zu lernen“, so Hamper.
Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung von einer großen Gruppe Oberstufenschülerinnen und -schüler unter Leitung von Susanne Hornauer, die mit sensiblen Arrangements – unter anderem „Die Moorsoldaten“ oder dem musikalischen Thema des Films „Schindlers Liste“ – den emotionalen Rahmen schufen.
Auch die Schülerinnen und Schüler zeigten sich tief bewegt. „Es war anders, als einfach nur im Unterricht darüber zu sprechen“, sagte die Elftklässlerin Cosima Engelhardt. „Wir standen gemeinsam da, jeder mit seinem Symbol – und plötzlich wurde einem klar, dass Mitmenschlichkeit nichts Abstraktes ist, sondern eine Aufgabe für uns alle.“
Ihr Mitschüler Vincent Manz (neunte Klasse) ergänzte: „Ich fand besonders stark, dass wir nicht nur zurückgeblickt, sondern überlegt haben, was das heute bedeutet – zum Beispiel, wenn Menschen wegen ihrer Herkunft, Religion oder Sexualität beleidigt werden. Dann beginnt genau das wieder, was wir eigentlich verhindern wollen.“
Schulleiter Ralph Frisch lobte das Engagement der Beteiligten: „Diese Aktion zeigt, wozu Schule im besten Sinne fähig ist – Wissen mit Haltung zu verbinden. Das Gymnasium Herzogenaurach versteht sich als Ort, an dem Demokratie, Empathie und Verantwortung nicht nur unterrichtet, sondern gelebt werden.“
Der „Scherbenfluss-Hoffnungsweg“ verband historische Bildung, Kunst und Musik zu einem eindrucksvollen Gesamterlebnis, das die Schulgemeinschaft nachhaltig beeindruckte. Am Ende lagen hunderte bunter Symbole über dem schwarzen Objekt – ein sichtbares Zeichen, dass Hoffnung, Menschlichkeit und Zivilcourage stärker sind als Hass und Gewalt.